Man muss sich erst einmal vergewissern: Schon nach wenigen Minuten stoppt man „Beverly Hills Cop: Axel F“, den vierten Film der Reihe, um zu prüfen, ob der Hauptdarsteller Eddie Murphy echt ist. 40 Jahre sind seit dem ersten Film-Fall des schwarzen Cops aus Detroit vergangen, der im Jahr 1984 Los Angeles aufmischte und an der Kinokasse sogar die „Ghostbusters“ und „Indiana Jones“ überholte. 40 Jahre, die man Eddie Murphy verdächtigerweise nicht anzusehen meint. Ist er das? Oder doch nur ein KI-Double?
Doch dann schaut man schnell noch mal in den ersten Teil und sieht: Nicht nur haben Hollywoods Jugendkonservierungsinstrumente scheinbar ganze Arbeit geleistet, Murphy war 1984 schlicht blutjunge 23 Jahre alt. Ein Schlacks in seinem grau verwaschenen „Mumford Phys. Ed. Dept.“-T-Shirt, mit großer Klappe, einem entwaffnenden Lächeln und einer Vorliebe für abgerockte Leihwagen, die so schön mit den Nobelschlitten von Beverly Hills kontrastierten. Kaum vorstellbar, das Sylvester Stallone zunächst den wohl berühmtesten Axel der Filmgeschichte spielen sollte; dann aber absagte, weil es für seine Art zu spielen zu wenig Szenen gab, in denen er seine martialische Seite zeigen konnte. Was Stallone fehlte, machte Murphy durch eine Art Komik wett, von der sich der amerikanische Film lange nicht erholen sollte.
Die Fortsetzung vergeigter Fortsetzungen
40 Jahre später macht Murphy im Verbund mit Don Simpson und Jerry Bruckheimer, den Produzenten von einst, gewissermaßen weiter, wo er 1994 mit „Beverly Hills Cop III“ aufgehört hat. So, als hätten sich Blockbusterfilme in der Zwischenzeit kaum weiterentwickelt. Die „New York Times“ schrieb damals über „Beverly Hills Cop III“, der Film sei als „narrensichere Geldmaschine“ angelegt – wenngleich Murphy zu steif wirke. Man kann sich also denken, warum Netflix trotzdem oder gerade deshalb auf die Fortsetzung vergeigter Fortsetzungen setzt. Das Konzept eines „guten“ Films scheint heute darum zu kreisen, eine Zielgruppe, die mutmaßlich noch Zeit vor dem Bildschirm (mit Fernsehen – und nicht mit dem Smartphone oder Videospielen) verbringt, mit verklärten Erinnerungen an Fernsehen aus einer Zeit zu locken, in der der Höhepunkt des Tages noch nicht aus dem allabendlichen Dahindämmern vor dem Netflixauswahlmenü bestand.
Externer Inhalt von Youtube
Um externe Inhalte anzuzeigen, ist Ihre widerrufliche Zustimmung nötig. Dabei können personenbezogene Daten von Drittplattformen (ggf. USA) verarbeitet werden. Weitere Informationen .
Gute Filme dieser Art finden die Balance zwischen szenischen Nostalgie-Ankern und einer zeitgemäßen Verortung, samt Figuren und Schauspielern, denen bewusst ist, dass Zeit-, Welt- und Gesellschaftsgeist an ihnen nicht spurlos vorübergegangen sein können. Bruce Willis/John McClane, Eddie Murphys weißer Leinwandentsprechung, gelang das in „Stirb langsam 4.0“ (2007) noch recht elegant, Harrison Ford/Indiana Jones mit seinen zwei Fortsetzungen nach 1989 (2008 und 2023) schon weniger glaubwürdig.
„Beverly Hills Cop: Axel F“ ist eine historische Nachstellung, die in Szenen kulminiert, in denen liebgewonnene Charaktere Dinge tun, die sie schon vor 40 Jahren genau so getan haben. Gags und Gesten sind exakt die gleichen, erweitert um ein paar irritierend uninspirierte Politische-Korrektheits-Geplänkel, an denen sich (abgesehen von Autokarossen und Smartphones) überhaupt erst erkennen lässt, dass wir im Jahr 2024 sind.
Axel Foley also muss wieder mal nach Beverly Hills, weil seine entfremdete Tochter Jane (Taylour Paige) als Anwältin in eine gefährliche Korruptionsangelegenheit verstrickt ist. Höchst beeindruckend ist, wie klar alle Rollen von Beginn an verteilt sind – eine goldene Rolex Daytona weist Kevin Bacon als korrupten Polizisten aus –, während man auf überraschende Momente verzichtet, als handele es sich um Oben-ohne-Szenen.
Immerhin die privaten Baustellen, hier die Reparatur der kaum existenten Vater-Tochter-Beziehung, bekommt dieser Actionkrimi, bei dem man sich kaum wunderte, wenn Til Schweiger statt Joseph Gordon-Levitt (als Detective Bobby Tapia) an Murphys Seite gespielt hätte, besser hin als jeder „Tatort“. Ansonsten besteht der Film weitgehend aus mit den alten Hits unterlegten Verfolgungsjagden und Schießereien mit Kartell-Mitgliedern, die aussehen, als hätten sie das Ende des Kölner Karnevals 2007 verpasst. „Lass uns mal sehen, wer uns verfolgt“, sagt Murphy zu seiner Tochter. Ein schwarzes SUV biegt um die Ecke. „Das sind sie!“ Derart zart, zahlreich und einfühlsam sind hier die Hinweise auf den Stand der Dinge, dass eine der größten Leistungen dieses Filmes darin besteht, jederzeit mühelos ein- und wieder aussteigen zu können. Fernsehen als Hop-on/Hop-off-Nostalgietrip, aber immerhin ohne Werbeunterbrechung.
Beverly Hills Cop: Axel F läuft bei Netflix.